Das Lehrlings-Interview: So stellst Du die richtigen Fragen – und bekommst ehrliche Antworten

Das Personalinterview ist ein entscheidender Moment im Lehrlings-Recruiting. Hier entscheidet sich oft, ob ein junger Mensch zu Deinem Betrieb passt – und umgekehrt. Doch gerade bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren brauchst Du Fingerspitzengefühl, Geduld und die richtigen Methoden, um wirklich etwas über sie zu erfahren. In diesem Artikel bekommst Du konkrete Tipps für das Gespräch mit zukünftigen Lehrlingen – von geeigneten Fragen bis zur Rolle der Eltern.
Die richtige Atmosphäre schaffen
Bevor Du Dir Gedanken über Fragen machst, schaffe eine Gesprächsatmosphäre, in der sich der Jugendliche wohlfühlen kann. Ein zu formeller Rahmen verunsichert viele. Wähle lieber ein ruhiges, freundliches Umfeld – ohne große Distanz. Ein lockerer Einstieg, z. B. mit Fragen zum Schulalltag oder Hobbys, nimmt Druck raus und öffnet die Tür für ein ehrliches Gespräch.
Diese Fragen darfst Du stellen – und solltest Du stellen:
Stelle offene, wertschätzende Fragen, die den Jugendlichen zum Erzählen einladen. Hier ein paar Beispiele:
- Was interessiert Dich an diesem Lehrberuf besonders?
- Was weißt Du schon über unseren Betrieb?
- Wie stellst Du Dir Deinen idealen Arbeitstag vor?
- Was macht Dir in der Schule am meisten Spaß – und was eher weniger?
- Was machst Du gern in Deiner Freizeit?
- Hattest Du schon Gelegenheit, in einen Beruf reinzuschnuppern? Was hat Dir gefallen (oder nicht gefallen)?
Ziel ist es, ein Gefühl für Persönlichkeit, Motivation und Werte zu bekommen – nicht perfekte Antworten. Du sprichst mit jungen Menschen, die oft ihr erstes Bewerbungsgespräch führen.
Diese Fragen solltest Du besser vermeiden:
- Suggestivfragen wie: „Du willst doch sicher Karriere machen, oder?“
- Zu persönliche oder psychologisch wirkende Fragen à la: „Was sind Deine größten Schwächen?“
- Fragen nach der politischen Gesinnung, Religionszugehörigkeit oder Krankheiten – sie sind nicht nur unangebracht, sondern auch rechtlich heikel.
Eltern: Dabei oder nicht?
Eltern spielen oft eine wichtige Rolle in der Berufsentscheidung – aber im Interview selbst sollten sie nicht anwesend sein. Es ist wichtig, dass der oder die Jugendliche für sich selbst sprechen kann. Du kannst den Eltern vor oder nach dem Gespräch eine kurze Gelegenheit geben, Fragen zu stellen oder ein Gefühl für den Betrieb zu bekommen – z. B. durch einen Rundgang. Das schafft Vertrauen, ohne das Gespräch zu dominieren.
Wie findest Du heraus, ob der Jugendliche zu Dir passt?
Achte im Gespräch auf folgende Punkte:
- Einstellung: Wirkt der oder die Jugendliche interessiert, aufgeschlossen, lernbereit?
- Werte: Gibt es eine Schnittmenge zwischen dem, was Deinem Unternehmen wichtig ist, und dem, was dem Bewerber oder der Bewerberin wichtig ist?
- Realistische Erwartungen: Ist klar, was der Beruf mit sich bringt – auch an Herausforderungen?
Ein Tipp: Überlege Dir konkrete Alltagssituationen und bitte die Bewerber:innen, wie sie damit umgehen würden. Zum Beispiel: „Stell Dir vor, Du hast einen Fehler gemacht – wie gehst Du damit um?“
Methoden, um mehr über Lehrlinge zu erfahren
Neben dem klassischen Gespräch kannst Du auch kreative Methoden einsetzen:
- Schnuppertage oder Probearbeit: Hier zeigt sich oft schnell, ob Interesse und Engagement vorhanden sind.
- Kleine Aufgaben oder Tests: Lässt sich gut in handwerklichen oder technischen Berufen einsetzen – aber immer auf Augenhöhe.
- Rollenspiele oder Fallbeispiele: Simuliere z. B. eine Kundensituation. So erkennst Du Kommunikationsverhalten und Sozialkompetenz.
- Persönlichkeitstests light: Kurze, spielerische Fragebögen zu Interessen oder Lerntypen (z. B. RIASEC-Modell) können helfen, ein besseres Bild zu bekommen – aber nur als Ergänzung, nie als alleiniges Auswahlkriterium.
Fazit
Ein gelungenes Interview mit einem potenziellen Lehrling lebt von Offenheit, Echtheit und gegenseitigem Interesse. Es geht nicht darum, die perfekten Antworten zu hören, sondern zu erkennen, ob ein Mensch und ein Betrieb zueinander passen. Gib dem Jugendlichen Raum, sich zu zeigen – und biete gleichzeitig einen ehrlichen Einblick in Deine Welt als Ausbilder:in. So legst Du den Grundstein für eine erfolgreiche Ausbildung und eine starke Zusammenarbeit.
